Debatte über Impfpflicht für Lehrer:innen und Erzieher:innen – ein Ablenkungsmanöver

Eines gleich mal vorweg: Auch wir als Personalrat wünschen uns, dass alle Personen an den Schulen sich impfen lassen. Wie gesagt: wir wünschen es uns.

Aber dass unserer Bildungssenatorin Sascha Aulepp es als „grob fahrlässig“ bezeichnet, wenn ungeimpftes Personal die Gefahr von Ansteckung oder Quarantäne für Kinder in Kauf nehme und daher eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kitas und Schulen fordert, ist gerade angesichts der bisherigen Corona-Politik der bremischen Bildungsbehörde schon ein starkes Stück und anmaßend gegenüber den Beschäftigten.

Coronapolitik der Bildungsbehörde widersprüchlich

Ist es doch die gleiche Behörde, die sich geweigert hat für die Zeit nach den Sommerferien, und sei es auch nur vorübergehend, eine Maskenpflicht im Unterricht zu erlassen und die regelmäßig mit dem Gesundheitsamt im Clinch liegt wegen der Auslegung der Quarantäneregelungen. Man fragt sich ja schon bange, ob Durchseuchung in den Schulen das eigentliche Ziel ist.

Die gleiche Behörde war es, die die Schulen in der dritten Welle, als das Personal noch ungeimpft und besonders stark gefährdet war, auf Biegen und Brechen offengehalten hat, während sie in den allermeisten Bundesländern geschlossen waren. Die Begründung für diese Vorgehensweisen lautete: Die Gefahren für die Kinder und Jugendliche seien gering. Und jetzt plötzlich gehen vom Personal Gefahren für die Kinder aus?

Fachlich fragwürdig

Neben der inkonsistenten Vorgehensweise der Bildungsbehörde, ist die Forderung nach einer Impfpflicht aber aus verschiedenen Gründen auch fachlich fragwürdig.

Erstens sind ca. 90 Prozent der Beschäftigten geimpft. Die Kolleg:innen, die lange in der Pandemie erhöhte Risiken für ihre Gesundheit in Kauf nehmen mussten, haben das Angebot der Impfung also ganz überdurchschnittlich und umgehend in Anspruch genommen. Demgegenüber steht eine erheblich geringere Impfquote bei Kindern und Jugendlichen ab zwölf und die ungeimpften jüngeren Kinder. Das Risiko von unkontrollierter Ausbreitung von Infektionen geht also kaum von den zehn Prozent ungeimpften Beschäftigten aus.

Zweitens lässt Frau Aulepp das Prinzip der Verhältnismäßigkeit außer Acht. Bevor ein so starker Eingriff wie eine Impfung auferlegt wird, müssen mildere Maßnahmen wie Maskentragen oder Einhaltung der normalen Quarantänebedingungen erst einmal erfüllt sein!

Es gilt, in den Schulen Maßnahmen zu ergreifen oder aufrecht zu erhalten, die Ausbrüche möglichst sofort eindämmen und das Risiko von Infektionen in den Schulen senken. Im Übrigen: Auch unter Geimpften ist die Weitergabe von Covid-19 möglich.

Wenn man sich drittens vergegenwärtigt, wie lange es gedauert hat, bis im Bund eine Impfpflicht gegen Masern (die erheblich höhere Gesundheitsgefahren für Kinder mit sich bringen) beschlossen wurde, kann man sich ausrechnen, wie lange nach Ende der Pandemie es dauert, bis eine Impfpflicht wirksam würde.

Konsequenzen nicht durchdacht

Zu guter Letzt ist Frau Aulepp bei der Frage von buten un binnen, was denn dann mit den ungeimpften Kolleg:innen geschehen solle, eine Antwort schuldig geblieben. Sie hat dann vage geäußert, es werde dann so ähnlich wie bei anderen dienstlichen Verfehlungen vorgegangen. Einer Juristin sollte klar sein, dass bei einer gesetzlichen Impfpflicht die Verweigerung zur Impfung ganz ernsthafte Konsequenzen für die weitere berufliche Tätigkeit der betreffenden Person hätte.

Wie viele der ungeimpften zehn Prozent sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, ist übrigens unklar und die Behörde bleibt bis heute, trotz wiederholter Aufforderung durch die Interessenvertretungen, Regelungen für diese Personengruppe schuldig. Dies trifft auch die Schulen, die z. B. keinen Ersatz für nicht im Unterricht einsetzbare Beschäftigte erhalten, und damit auch die Schüler:innen, als deren Anwältin Frau Aulepp sich gerne darstellt.

Vorstoß politisch motiviert

Alles in allem muss man sagen, dass dieser Vorstoß zur Unzeit einzig politische Motive zu haben scheint und von den eigenen Fehlern bei der Eindämmung der Pandemie in den Schulen ablenken soll. Hilfreich in der ohnehin schon aufgeheizten gesellschaftlichen Atmosphäre ist er jedenfalls nicht.

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