Bremer Bündnis für Bildung fragt – Politiker antworten

Das Bremer Bündnis für Bildung hat sich in den vergangenen Monaten mit seiner Aktion „Vorfahrt für Bildung“ dafür eingesetzt, den Ansatz für Bildung im Haushaltsentwurf 2017/19 deutlich zu erhöhen. Dieses Ziel wurde erreicht.

Allerdings decken die zusätzlichen Mittel nur wenig mehr als den Bedarf ab, der durch den erheblichen Schülerzuwachs entstanden ist. Im Vergleich zu den anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg gibt Bremen nach wie vor deutlich weniger pro Schüler/in aus. Vor allem wegen der schwierigen sozialen Situation in vielen Schulbezirken ist das nicht zu verantworten – andererseits kann Bremen allein den Anforderungen angesichts der schwierigen Haushaltslage nicht gerecht werden.

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hat das BBB den Direktkandidaten der SPD, Grünen, CDU, FDP und der Linken aus Bremen daher folgende Frage gestellt:

Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl persönlich tun, welche Gesetzesinitiative plant Ihre Partei, um den Bund für eine finanzielle Unterstützung der Bremer Schulentwicklung zu gewinnen?

Das BBB hat nachfolgende Antworten erhalten, die wir hier unkommentiert wiedergeben:

Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)

Elisabeth Motschmann

Elisabeth Motschmann:

 

Für Ihre deutlichen Worte in Bezug auf den Zustand des von SPD und Grünen in Bremen verantworten Bildungssystems und das unablässige Engagement, hierbei zu spürbaren Verbesserungen zu kommen, gilt Ihnen mein aufrichtiger Dank.

Mit Blick auf unser föderales System sei eingangs noch einmal darauf hingewiesen, dass die Bundesländer für die Schulen und Hochschulen zuständig sind. Dessen ungeachtet tragen Bund, Länder und Kommunen – entsprechend ihren eigenen prioritären Aufgaben – gemeinsam Verantwortung für unser Bildungs- und Wissenschaftssystem. Dazu gehört es, in ganz Deutschland ein leistungsfähiges und chancengerechtes Bildungswesen zu gewährleisten, das allen Kindern gute Bildung von Anfang an und ein Leben lang ermöglicht – unabhängig von ihrer Herkunft.

Innerhalb der Unionsparteien ist man sich dieser Verantwortung bewusst. Schon in der nun auslaufenden Legislatur wurde von der Bundesregierung daher ein mit 7 Milliarden Euro ausgestatteter Sonderfonds aufgelegt, aus dem die Schulen in finanzschwachen Kommunen in den nächsten Jahren saniert werden können. Hiervon wird Bremen sicherlich profitieren.

Sollten CDU/CSU wieder in Regierungsverantwortung kommen, werden wir mit einem adäquat ausgestatteten Digitalpakt zwischen Bund und den Ländern dafür Sorge tragen, dass unsere allgemeinbildenden und beruflichen Schulen über die erforderliche Ausstattung verfügen, um ausreichend junge Menschen auf ihr Berufsleben im digitalen Zeitalter vorzubereiten. Hierbei werden wir sicherstellen, dass bundesweit alle Schulen an das schnelle Internet angebunden sind. Das Gleiche gilt für Hochschulen. Wir als Union unterstützen ferner die Schaffung einer innovativen neuen Bildungs-Cloud, mit der wir über Deutschland hinaus neue Maßstäbe setzen werden.

Zudem wollen wir in der kommenden Legislaturperiode einen Rechtsanspruch auf Betreuung im Grundschulalter einführen und in diesem Zusammenhang dafür sorgen, dass die Qualität von Bildung und Betreuung weiter ausgebaut wird. Auch diese Maßnahmen werden im Ergebnis dem Bremer Bildungssystem zugutekommen.

 

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sarah Ryglewski

Sarah Ryglewski (mdB):

Zunächst vielen Dank für Ihren Einsatz für das Bündnis für Bildung! Den Fachkräftemangel an Bremer Schulen beobachte auch ich seit längerem mit großer Besorgnis. Die Anzahl an Schülerinnen und Schülern in Bremen steigt weiter stark an. Gleichzeitig wird ein bundesweiter Mangel an Bewerberinnen und Bewerbern im Bereich Bildung und Erziehung vermeldet, der den aktuellen Wachstumstrend an Bremer Schulen kaum aufzufangen weiß, dies gilt speziell für den Bereich der Sonderpädagogik. Das Land Bremen hat deshalb bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Fachkräfte zu gewinnen.

Um dem akuten Notstand entgegenzuwirken, unterrichten zum Beispiel an Bremer und Bremerhavener Schulen bereits seit längerem Menschen Absolventinnen und Absolventen mit einem Bachelor- oder Masterabschluss eines Lehramtsstudiums. Sie unterrichten mit maximal 11 Wochenstunden. Dies kann keine dauerhafte Lösung sein. Sie treffen in den Klassen auf Kinder und Jugendliche, die extrem unterschiedliche Kompetenzen mitbringen. Obwohl die Schulen diese Kolleginnen und Kollegen natürlich unterstützen, kann von ihnen kein gleichwertiger, kompetenzbasierter Unterricht abverlangt werden.

Martin Schulz hat klar gemacht, dass er Bildung zu einem zentralen Schwerpunkt für seine Regierungsarbeit machten wird und diese Woche die „Nationale Bildungsallianz“ vorgestellt. Damit wollen wir Sozialdemokraten in der kommenden Legislaturperiode zusätzlich zwölf Milliarden Euro Bundesmittel in die Erneuerung der Schulinfrastruktur, die bessere Ausstattung mit Lehrkräften und –Lehrmitteln sowie die Stärkung der Berufsschulen investieren. Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern oder der Finanzsituation der Länder und Kommunen abhängen, deswegen haben wir gebührenfreie Bildung, den Ausbau von Ganztagsschulen und die Modernisierung sowie die digitale Ausstattung der Schulen in unserem Regierungsprogramm festgeschrieben.

Auf der Bundesebene setzen wir uns also für ein weiteres Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich ein. Dadurch würden finanzschwache Kommunen wieder konkurrenzfähig bei der Gewinnung von Lehrkräften werden. Das Schulsanierungsprogramm des Bundes soll zu einem Schulmodernisierungsprogramm weiterentwickelt werden, um eine moderne Ausrüstung und barrierefreie Konzipierung der Klassenzimmer und Gebäude sicherzustellen.

Zu den Initiativen auf der Landesebene gehört allem voran die Erhöhung der Studienplätze für das Lehramt und die Ausweitung der Referendariatsplätze. Denjenigen, die ohne abgeschlossene Ausbildung bereits an Bremer Schulen unterrichten, müssen wir durch eine Qualifizierungsoffensive einen Weiterbildungsweg eröffnen, um sie auf die vielfältigen Anforderungen vorzubereiten. Außerdem werden wir prüfen, Deutsch als Fremdsprache (DaZ) in den Fächerkanon des Landes Bremen aufzunehmen, um qualifizierten Lehrkräften aus dem Ausland eine Anerkennungsmöglichkeit ihrer Qualifikation als DaZ-Lehrkräfte zu bieten. Für diplomierte Sozial- und Sonderpädagoginnen und Pädagogen muss es ebenfalls ein Qualifizierungsangebot geben, um als Inklusionspädagoginnen oder Pädagogen anerkannt zu werden.

Von der SPD Landesorganisation Bremen gibt es einen Beschluss, dass das Provisorium der unterrichtenden Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger nicht zu einer Häufung von nicht ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen an einzelnen Standorten führen darf. Zudem wollen wir Anreize schaffen, um sich bereits im Ruhestand befindliche Kolleginnen und Kollegen zurück für den Schuldienst zu gewinnen und Teilzeitkräften eine Aufstockung ihrer Stunden zu ermöglichen.

 

Bündnis 90/Die Grünen

Kirsten Kappert-Gonther

Kirsten Kappert-Gonther:

Auf Bundesebene werde ich mich gemeinsam mit meiner Partei dafür einsetzen, das Kooperationsverbot endlich komplett aufzuheben. Bund und Länder müssen ihre gemeinsame Verantwortung auch gemeinsam übernehmen können. Ich will, dass der Bund seine neuen Möglichkeiten, finanzschwache Kommunen im Bildungsbereich zu unterstützen, rasch nutzt und ein Förderprogramm zur Sanierung von maroden Schulen auflegt, das auch die baulichen Grundlagen für den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen legt. Dies muss an ein Konzept für eine moderne, zeitgemäße pädagogische Architektur geknüpft werden.

Unser zentrales Ziel als Grüne ist es, flächendeckend für Ganztagsschulen zu sorgen. Der Unterricht soll einem umfassenden Bildungsauftrag folgen. Er soll Kindern sowohl fachlich hochwertige Bildung ermöglichen als auch die soziale Kompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder fördern. Daher ist es notwendig, der kulturellen Bildung und dem Sport einen besonderen Stellenwert beizumessen. Dafür werden wir Grüne in den nächsten fünf Jahren bundesweit zehn Milliarden Euro bereitstellen und so 10.000 Schulen fit für die Zukunft machen. Mit einem Bundesprogramm wollen wir Schulen in benachteiligten Stadtquartieren oder Regionen mit mehr pädagogischem Personal und mehr Mitteln ausstatten.

Wir Grüne wollen mehr Investitionen in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen. Diese Investitionen in die Zukunft zahlen sich aus. Denn sie schaffen für jede und jeden die Chancen auf ein gutes und zufriedenes (Arbeits-)Leben. In vielen Ländern wurde unter grüner Beteiligung deshalb so viel Geld in Bildung investiert wie noch nie zuvor. Bundesweite Schulvergleiche zeigen, dass die Schulreformen in Bremen bereits Erfolge bringen, im Bereich der schulischen Inklusion liegt Bremen im Bundesvergleich auf dem ersten Platz. In der Umsetzung gibt es unbestritten noch erhebliche Mängel. Wir sind aber nicht der Meinung, dass wir darum die Inklusion bremsen sollten, sondern dass wir die Entwicklung einer guten inklusiven Beschulung verbessern müssen, indem deutlich mehr in die Inklusion investiert wird. Der Bildungsbereich in Bremen wird daher finanziell weiter gestärkt: Für Kitas und Schulen stehen in den Haushalten 2018/19 zusätzlich 186 Millionen Euro bereit.

 

DIE LINKE

Doris Achelwilm

Doris Achelwilm:

DIE LINKE kämpft für eine Schule für alle: eine Gemeinschaftsschule, die kein Kind zurücklässt und sozialer Ungleichheit entgegenwirkt. Schule sollte Armut nicht noch verstärken, sondern ihr entgegenwirken, indem alle die gleichen Bildungschancen und -zugänge erhalten. Insbesondere im Land Bremen ist dies aktuell nicht der Fall: In keinem anderem Bundesland hängt der schulische Erfolg so sehr vom sozialen Status der Eltern ab. Wir sind nicht bereit, dies hinzunehmen und fordern eine gezielte Stärkung von Schulen, an denen besonders viele Kinder lernen, die aus Familien mit geringem Einkommen kommen oder einen Migrationshintergrund haben.

Mit der Inklusion von Förderkindern hat Bremen einen wichtigen Schritt hin zum gemeinsamen Lernen aller Kinder gemacht. Allerdings ist die Inklusion in Bremen nicht ausreichend mit Lehrkräften ausgestattet. Zurzeit können nicht alle Kinder angemessen individuell gefördert werden. Auch in diesem Bereich muss dringend nachgesteuert werden.

Insgesamt ist das Bremer Bildungssystem also mit zu geringen Ressourcen ausgestattet, es ist massiv unterfinanziert. Daran werden auch die neuen Haushaltspläne des Senats für die Jahre 2018/19 nichts ändern: Das Land Bremen wird weiterhin pro Schüler*in deutlich weniger Geld ausgeben als die anderen Stadtstaaten. Damit sind auch im Bildungsbereich gleiche Lebensverhältnisse für die Menschen in Bremen nicht gewährleistet, obwohl das Grundgesetz dies fordert.

Da Bildung Länderaufgabe ist, ist es schwierig, von der Bundesebene aus einzugreifen. Diese Konstruktion halten wir als LINKE für falsch. Wir treten dafür ein, dass das Kooperationsverbot im Grundgesetz gestrichen wird. Der Bund sollte Schulen und Hochschulen unterstützen und so dafür Sorge zu tragen, dass den Menschen im ganzen Bundesgebiet materiell und personell gut ausgestattete Bildungseinrichtungen zur Verfügung stehen.

Bis zu einer solchen Grundgesetzänderung kann der Bund den Kommunen bei Schulbau und ähnlichem nur punktuell helfen. DIE LINKE kämpft dafür, dass er dies deutlicher tun wird. Es muss ein großes Sanierungsprogramm des Bundes für Schulgebäude geben. Allein in der Stadtgemeinde Bremen beträgt der Sanierungsbedarf an den Schulen rund 670 Mio. Euro. Diese Summe wird Bremen nicht aufbringen können, hier muss der Bund bei Finanzierung beteiligt sein. Auch die Aktualisierung der digitalen Infrastruktur für ein zeitgemäßes Lernen ist alleine von den Städten Bremen und Bremerhaven nicht zu leisten. Wir fordern, dass das versprochene Investitionsprogramm für digitale Bildung des Bundes in der neuen Legislaturperiode endlich gestartet wird. Dabei halten wir es für wesentlich, dass die Schulen den Kindern und Jugendlichen auch die Endgeräte zur Verfügung stellen. Ein Unterricht, bei dem jede*r sein oder ihr eigenes Gerät mitbringen soll, ist technisch zu voraussetzungsvoll und führt vor allem wieder zu neuen sozialen Schieflagen.

Außerdem muss der Bund stärker zwischen den Ländern koordinieren. Es gibt inzwischen bundesweit einen gravierenden Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. Allein im Land Bremen waren zu Schuljahresbeginn 85 Stellen nicht besetzt. Die Bundesländer haben in den letzten Jahren zu wenige Lehrkräfte ausgebildet, der Mangel war absehbar. Statt jetzt koordiniert nachzulegen und jeweils mit Nachdruck mehr Lehrerinnen und Lehrer auszubilden, treten die Bundesländer aber in einen unproduktiven Konkurrenzkampf um die vorhandenen Lehrkräfte. Das ist nicht der Föderalismus, wie DIE LINKE ihn sich vorstellt. Statt Konkurrenz fordern wir Kooperation: Es muss gemeinsame Anstrengungen von Bund und Ländern geben, die Versorgungslücke mit qualifiziertem Fachpersonal für alle Regionen Deutschlands zu schließen.

 

Freie Demokratische Partei (FDP)

Prof. Dr. Hauke Hilz:

Bildungsausgaben auf Top-5-Niveau der OECD-Staaten

Wir Freie Demokraten wollen die Ausgaben für Bildung so erhöhen, dass – gemessen am Staatshaushalt – Deutschland zu den führenden fünf Ländern der 35 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zählt. Die umfassende Modernisierung des Bildungssystems würde Länder und Kommunen allein überfordern. Die Finanzierung muss daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden. Auch ideologisches Gezänk und bürokratische Reibungsverluste passen nicht mehr in eine Zeit, in der nicht mehr Bremen mit Bayern im Wettbewerb steht, sondern Deutschland als Ganzes mit Nordamerika und China. Daher wollen wir einheitliche Bildungsstandards in Deutschland. Insbesondere Schulabschlüsse müssen über einheitlich gestellte Abschlussprüfungen vergleichbarer werden. Dabei darf es aber keine Angleichung nach unten geben. Damit wir mit den führenden Nationen mithalten können, brauchen wir mehr Mobilität und mehr Vergleichbarkeit zwischen den 16 Ländern. Dafür muss unser Bildungsföderalismus grundlegend reformiert werden.

Lencke Steiner:

Ich persönlich finde, dass unsere Schülerinnen und Schüler in Bremen, aber auch in ganz Deutschland die beste Bildung verdient haben. Wir haben in der jüngsten Vergangenheit gesehen, dass Bremen  und die meisten anderen Bundesländer mit dieser Aufgabe finanziell überfordert sind. Deshalb werde ich mich zusammen mit meiner Partei für die Abschaffung des Kooperationsverbotes bei der Bildung einsetzen. Wir wollen die vielen guten Ideen im Bildungsbereich auch über den Bund finanzieren können. Wir setzen dabei beispielsweise auf die Digitalisierung, die Eigenständigkeit der Schulen und eine Unterrichtsgarantie für Schüler.

 

 

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